Diese Woche findet ein Workshop zu den Grundrechenarten an der Freien Schule Altmark statt. Den veranstalten Juliane Nader, die Schulleiterin, und ich. Es geht vor allem darum, Menschen für die Montessorimathematik zu begeistern, die bis jetzt wenig oder keinen Zugang zu handlungsorientierter Mathematik gefunden haben. In vielen Grundschulen steht viel Material herum, aber dennoch benutzen viele PädagogInnen es nicht. Hefte und Kopien scheinen immer irgendwie der einfachere Weg zu sein… und oft fehlt die Zeit für eine Montessoridiplomausbildung oder die Ressourcen sind nicht da. Dieser Workshop soll einen Einstieg bieten, der hoffentlich die Flamme für die Montessori Pädagogik entzünden kann und Menschen motiviert, sich da tiefer mit zu beschäftigen.
Ich möchte euch die Inhalte ein bisschen vorstellen, denn vielleicht ist dieses Format auch für die eine oder andere Schule spannend. Oder mehrere benachbarte Schulen tun sich zusammen für einen Workshop?
Wichtig zu verstehen ist erstmal das Grundkonzept der Montessori Mathematik: ein gestufter, komplett durchdachter Weg vom Konkreten hin zum Abstrakten. Die verschiedenen Materialien bilden dies Stück für Stück ab. Am konkretesten ist die Darstellung mit dem goldenen Perlenmaterial (hier Dienesmaterial, ich habe hier zuhause immer noch keine goldenen Perlen). Ein Hunderter ist wirklich hundertmal so viel wie ein Einer. Die nächste Abstraktionsstufe sind die Marken, hier lässt sich (wie bei einem Geldschein) von der Größe nicht mehr auf die Menge schließen. Die Murmeln funktionieren genauso wie die Marken über die Farbwerte, aber die Zahlsymbole sind nicht mehr dabei. Das reine Aufschreiben von Zahlenwerten und Rechnungen ist noch abstrakter. Es ist wichtig, dass Kinder erst den Schritt zur Abstraktion gehen, wenn sie die Mengenentsprechungen verinnerlicht haben.
Die schriftlichen Rechenverfahren, um die es mir jetzt geht, sind alle mit diesen Materialien abbildbar und können parallel verschriftlicht werden. Der Fokus liegt dabei auf dem Handeln und die Verschriftlichung sollte irgendwann unbedingt dazu kommen – das Wesentliche ist aber das Verständnis der Kinder für das Operieren mit den Mengen und nicht die Abarbeitung schriftlicher Rechenverfahren. In Regelschulen wird unglaublich viel Zeit auf das Einüben dieser algorithmischen schriftlichen Verfahren gelegt – ob das in Zeiten von Taschenrechnern und ständig verfügbaren digitalen Endgeräten noch zeitgemäß ist, sei dahin gestellt. Gleichzeitig scheint das Grundverständnis den Kindern immer mehr verloren zu gehen. Ich denke, die Zeit könnte besser dafür verwendet werden.
Hilfreich sind auch die Zahlentafeln. Viele Kinder haben große Probleme, unsere dezimale Stellenwertschreibweise zu verstehen. Die Zahlentafeln sind hier großartig, denn mit ihnen lässt sich eine Zahl immer in ihre Bestandteile zerlegen. Du siehst das auf den zwei folgenden Bildern: einmal die 1275 als zusammengeschobene Zahl und einmal „in ihren Einzelteilen“ mit den entsprechenden Mengen als Dienesmaterial.
Du siehst auf den Bildern auch mein neues Samt-Legetuch. Ich bin ganz happy damit und nähe auch dir eins auf Anfrage – schreib mir einfach eine Email…
Für die Addition und Subtraktion können die Kinder auch zunächst mit dem goldenen Perlenmaterial oder Dienesmaterial und den Zahlenwerten arbeiten.
Wenn die Kinder schon sicherer mit dem Stellenwertsystem geworden sind, bietet sich das Markenspiel an.
Auch die Multiplikation geht ohne Probleme ganz anschaulich. Will ich zum Beispiel mit drei multiplizieren, stelle ich mir 3 Männchen auf, die die entsprechende Menge bekommen – das verstehen Kinder sehr gut! Du siehst hier die Version mit dem Markenspiel:
Um mehrstellig zu multiplizieren, bietet sich das Markenspiel an: es sieht toll aus, wenn man die Aufgaben „geometrisch“ auslegen kann. Maria Montessori hat dieses unglaublich clevere System entwickelt, mit den Marken auch mehrstellige Werte kompakt als Flächen auszulegen und danach auszuzählen – großartig! Kinder, die gerne mit Murmeln arbeiten, können dies auch gerne am Murmelbrett machen, das Prinzip ist dasselbe. Die folgende Aufgabe ist: 132 x 342.
Analog mit den Männchen funktioniert die einstellige Division: das Gesamte wird gerecht auf alle einzelnen verteilt. Jedes Kind kennt das: es muss gerecht zugehen und es ist erst dann vollbracht, wenn wirklich alle genauso viel bekommen haben!
Generell fehlt hier auch noch der Malteppich mit den Perlenstäben (die man auch schon beim Schlangenspiel und in den kleineren Zahlenbereichen nutzt) und der Rechenrahmen. Beide sind vom Abstraktionsgrad noch höher als das goldene Perlenmaterial und das Markenspiel.
Auch wenn das schriftliche Rechnen parallel zu den konkreteren Materialien erfolgen kann, sollte einem doch klar sein, dass schriftliches Rechnen ein hohes Maß an Abstraktionsfähigkeit erfordert. Wenn Kinder mit den Mengen und Ziffern immer noch oft durcheinander kommen, sollte man sich lieber auf das Verständnis als auf die Verschriftlichung konzentrieren.
Ich wünsche dir auch viel Freude mit den tollen Materialien!